Unser erster Weg an diesem Morgen führte uns zu einer Werkstatt, die auf Bremsen spezialisiert ist. Seit einigen Wochen fuhren wir ohne funktionstüchtige Handbremse. Im Süden von Chile und in Argentinien gab es keine Ersatzteile und so lagen die deformierten Teile unserer Handbremse seit tausenden von Kilometern unter dem Beifahrersitz.
Ärgerlich an der ganzen Geschichte ist, wir hatten selber Schuld. Die Geschichte begann kurz bevor wir in die Salar de Uyuni in Bolivien gefahren sind. Eine Schraube am rechten Reifen war so deformiert, dass wir sie im Falle einer Panne nicht hätten lösen können. Die Jungs in der Werkstatt in Uyuni konnten uns auch nicht helfen, hatten aber einen prime Tip. Wer braucht schon sechs Schrauben, fünf tun es auch. Also wurde eine Schraube kurzerhand abgesägt und das Problem war gelöst.
Wochen später begleitete uns ein seltsames Geräusch. Klong, Klong und Ruhe. Wir suchten an vier verschiedenen Orten Werkstätten auf und ließen Jeffrey durchchecken – alles ok, keiner konnte die Ursache feststellen und uns helfen. Irgendwann war das komische Geräusch weg, als wir neue Reifen aufziehen ließen schien alles ok. In El Bolson, wo wir Silvester verbracht hatten, hörten wir ein Schleifen am Hinterrad. In der Werkstatt wurde nun auch endlich die Ursache für unser Problem gefunden. Der Kopf der in Bolivien abgesägten Schraube ist in den Kasten der Handbremse gerutscht und hat dort nach und nach die Handbremse zerlegt.
Der Bremsenspezialist schaute sich nun also unsere Bremse an und hatte sogar einen Teil der benötigten Ersatzteile da, nur eine Schraube fehlte. Er schickte uns zum nächsten Chevrolet Händler, dieser hatte die Schraube auch nicht, wir fuhren von einem Händler zum nächsten. Schließlich landeten wir auf der Straße des 10 Juni – hier bekommt man in der Regel ALLES und es stürzten sich auch bald ein paar zwielichtige Typen auf uns um zu erfragen, wonach wir suchten. Nach einem halben Tag gaben wir auf. Die gesuchte Schraube für unser amerikanisches Fahrzeug konnten wir nicht finden. Wir hatten nun aber immerhin einen Keilriemen und den Ventil, das wir in den Staaten bestellt hatten an Bord und suchten nun nach einer Werkstatt, in der diese beiden Teile eingesetzt werden konnten. Wir wurden schnell fündig und erzählten dem freundlichen Besitzer auch von unserem Problem mit der Handbremse. Er telefoniere etwas herum und bot uns schließlich an, die Schraube anfertigen zu lassen. Es war Samstag und er versprach uns am Montag könne er uns sicher sagen, ob und wann die Bremse repariert werden kann. Prima, nun war schon mal das EVAP Ventil eingebaut und die Checklampe im Motor aus, der Keilriemen neu und wir hatten die Aussicht, dass auch die Handbremse repariert wird.
Da wir uns schon sehr weit im Süden von Santiago befanden, entschieden wir uns noch etwas weiter südlich an einer großen Tankstelle unser Nachtlager aufzuschlagen. Zunächst fuhren wir jedoch in das Shopping Center auf der anderen Seite der Autobahn und verdrückten ein großes Eis. Anschließend setzten wir uns in ein Café und brachten unseren Block auf einen aktuelleren Stand. Die Tankstelle liegt am Rand der ersten Weinberge und wir absolvierten noch eine kleine Laufeinheit am Abend, bevor wir unter die verdiente Trucker Dusche sprangen. Neben uns stand eine vierköpfige liebenswerte Familien aus Dänemark, wir quatschten eine Weile, bevor wir uns zum letzten Mal in unser gemütliches Bett in Jeffrey kuschelten.
Am Sonntagmorgen tranken wir noch einen Kaffee mit den Dänen, frühstückten gemütlich und machten uns schließlich auf ins Herz von Santiago. Wir hatten für die nächsten drei Nächte eine Airbnb Unterkunft gebucht. Wir wohnten bei einer spanisch chilenischen Familie in der 7. Etage eines Hochhauses, mit einem Balkon mit Blick über die Dächer der Stadt und einem Pool auf dem Dach. Der Concierge des Hauses ließ uns in die Wohnung, Jeffrey parkten wir in der Tiefgarage. Nun hatten wir noch Zeit, Jeff auszuräumen und etwas Ordnung zu machen.
Am Abend wartete noch ein kleines Highlight auf uns. Wir trafen Adrian, unseren Freund aus Polen, den wir am Torres des Paine kennen gelernt hatten wieder. Es war Adrians letzter Abend vor dem Rückflug nach Hause. Gemeinsam mit ihm und seinen chilenischen Freunden verbrachten wir einen wundervollen Sommerabend in Bellavista mit live Musik.
Am Montagmorgen hatten wir etwas Zeit, die Werkstatt wollte sich erst gegen Mittag melden. Dennoch waren wir unruhig. Wir nutzten die Zeit und machten Jeffrey nun auch noch gründlich von außen sauber. Um 15 Uhr erhielten wir die Nachricht, dass alle Teile für die Handbremse beschafft werden können, aber erst am Dienstag. Noch am Montagabend lernten wir Helene und Constantin aus Frankreich kennen, die zwei sind die neuen Besitzer von Jeffrey und brannten darauf, mit ihm durchzustarten. Sie schauten sich das Auto an und schienen sehr zufrieden mit ihrer Wahl. Auch die Nachricht, dass wir nochmals in die Werkstatt müssen brachte sie nicht aus der Ruhe. Na also, so langsam hatten wir alles organisiert.
An diesem Abend wollten wir nochmals eine Runde laufen gehen. Wir wussten natürlich, dass sich die Lage in Santiago seit der Unruhen im Herbst sich beruhigt hat, aber eben noch lange keine Normalität eingekehrt ist. Wir joggten in der Nähe des Plaza Italias, als uns einige Demonstranten entgegen rannten. Gefolgt von Polizisten, diese wurden wiederum von allen Seiten ausgebuht und dann sahen wir auch schon die Tränengaswolke auf uns zu kommen. Kein guter Ort für Sport am Abend, wir zogen es vor schnell wieder richtig Unterkunft zu verschwinden. Wir sprangen noch in unserem Pool auf dem Dach und ließen so den Abend ausklingen.