Mandalay – Myanmars Mitte

Der moderne, klimatisierte Nachtbus von Mawlamyaine nach Mandalay bot ausreichend Platz und Beinfreiheit, so dass wir die meiste Zeit der 12 stündigen Fahrt geschlafen haben. Wir waren somit gut ausgeruht, als die ersten Häuser der Stadt im Morgengrauen auftauchten. Mandalay ist mit mehr als einer Millionen Einwohner nach Yangon die zweitgrößte Stadt des Landes und der absolute kulturelle Mittelpunkt Myanmars. Mandalay selbst und einige Städte in der unmittelbaren Umgebung waren jahrhundertelang abwechselnd der Sitz der Herrscher des Landes.

Am Busbahnhof organisierten wir uns ein Taxi und ließen uns zum Hotel fahren, welches ein paar Kilometer entfernt vom Stadtzentrum liegt. Beim Check in war es noch vor acht Uhr am Morgen, wir durften zum Glück schon unser Zimmer beziehen und kostenlos frühstücken. Für den ersten Tag mieteten wir direkt im Hotel Fahrräder, um die Stadt zu erkunden. Die Orientierung in Mandalay ist relativ leicht. Die Straßen sind rechtwinklig angelegt und durchnummeriert, so wie man es aus New York kennt. Da wir für die folgenden Tagen ein Moped mieten wollten, um eine mehrtägige Spritztour nach Bagan und Monywa zu machen, radelten wir zunächst zu einem sechs Kilometer entfernten Verleih, auch in dieser großen Stadt war es nicht so einfach ein Motorrad zu mieten. Es waren leider alle motorisierten Zweiräder verliehen und wir wurden gebeten, kurz vor Ladenschluss noch einmal zu kommen, denn am Abend kämen noch welche zurück.

Wir schauten uns am Nachmittag etwas in der Stadt um und tranken Tee in einem traditionellen Teehaus. Niko fuhr anschließend zum Mahamuni Paya Tempel, um sich die am meisten verehrteste Buddhastatue Myanmars anzuschauen. Zu dieser heiligen Stätte pilgern viele Gläubige und Touriste, einige kaufen sich Blattgold, welches auf die Oberfläche der heiligen Buddhafigur aufgestrichen wird. Dieser Buddha schon mehrere Zentimeter Gold als äußere Schicht. Zu Nikos Enttäuschung dürfen nur Männer in die Nähe dieses Buddhas und es ist auch nur den Männern vorbehalten, den Buddha weiter zu vergolden. Die Frauen dürfen das Treiben von draußen auf einem Bildschirm verfolgen.

Ich radelte noch zum Ufer des großen Flusses Ayeyarwady und schaute mir dort das geschäftige Treiben auf dem Wasser und am Ufer auf einem Fischmarkt an. Auf dem Rückweg zum Hotel fuhr ich noch ein Stück an den Palastmauern nördlich des Stadtzentrums entlang. Der ehemalige Palastbezirk ist quadratisch und mit einer Kantenlänge von ca. 3 Kilometer sehr groß. Allerdings gibt es innerhalb der Palastmauern leider nicht mehr viel zu sehen, da alles irgendwann zerstört und nur teilweise wieder aufgebaut wurde. Daher haben wir von einem Besuch abgesehen, zumal der Eintritt nicht günstig ist.

Wir trafen uns am Hotel wieder, dort wartete der Pool darauf, von uns eingeweiht zu werden, wir entspanneten ein wenig am Pool. Am Abend radelten wir erneut die sechs Kilometer zum Motorradverleih, aber leider gab es noch immer kein Gefährt für uns. Wir waren ziemlich enttäuscht! Nach erneuter Recherche machen wir einen weiteren Verleih ausfindig, der nochmal zwei Kilometer weiter entfernt lag. Wir nahmen auch diesen Weg auf uns und trafen dort zum Glück am Abend noch den Besitzer Jerry an, der uns sehr freundlich begrüßte und uns ohne Punkt und Komma und ohne einmal Luft zu holen erklärte, dass zur Zeit alles verliehen ist. Jerry bot uns an, am nächsten Morgen mit zwei Motorrädern zur Auswahl, automatik und manuelle Schaltung, bei uns im Hotel vorbei zu kommen. Das Angebot nahmen wir natürlich gerne an. Gutgelaunt genehmigten wir uns auf dem Rückweg noch ein kühles Myanmar Bier.

Am nächsten Tag sprangen wir vor den Frühstück nochmals in den Pool und erwarteten Jerry. Mit etwas Verspätung bog seine Frau mit dem automatik Bike um die Ecke. Wir fragten, wo das zweite Gefährt sei, sie rief Jerry an und er machte sich anscheinend erst jetzt auf den Weg. Nach unserer Panne in Dawei schauten wir uns das Moped genauer an. Die Ölflecken auf dem relativ neuen und sauberen Innenhof des Hotels, die innerhalb kürzester Zeit unter dem automatik Bike aufblitzten, waren selbst für uns Laien nicht zu übersehen. Dieses Motorrad kam also schon mal nicht nicht in Frage. Nach einer halben Stunde tauchte Jerry auf, das zweite Moped machte einen guten Eindruck. Wir mieteten es für fünf Tage – einen Tag, um Mandalay weiter zu erkunden und vier Tage für unsere geplante Rundtour Mandalay – Bagan – Monywa – Mandalay, insgesamt ca. 500 Kilometer.

Jetzt stand unserem Plan nichts mehr im Weg und wir konnten in Ruhe auf dem Dach des Hotels frühstücken. Nach der Stärkung fuhren wir mit dem Moped los und machten uns am Busbahnhof und einer Reiseagentur schlau, wo und wie die Busse zum Inle See fahren, denn dorthin wollten wir nach der Moped Tour.

Mit allen notwendigen Informationen in der Tasche setzten wir unseren Weg fort zum Gold Pounders District, dem Stadtviertel, in dem mittels körperlicher Schwerstarbeit das Blattgold hergestellt wird, das in ganz Myanmar die Buddhas zum Glänzen bringt. Am Ziel angekommen hörten wir aus einigen Häusern schon aus der Ferne das laute Schlagen von schweren Werkzeugen. Ein paar Werkstätten waren zur Straße hin offen, dort konnten wir die schweißtreibende Arbeit aus nächster Nähe beobachten. Es standen ein paar Männer in einer Reihe, die jeweils mit einem großen, schweren Hammer auf kleine Goldstücke einschlugen. Nur Männer dürfen diese Arbeit ausführen, aufgrund der harten körperlichen Anstrengung ist es vielleicht auch besser so. In einer Werkstatt zeigte uns ein Arbeiter noch das Ergebnis der Anstrengung – jede Menge Blättchen Gold. Jedes Blatt ist dünner als ein menschliches Haar, diese Goldblätter werden fausschließlich in diesem Viertel hergestellt und überall in Myanmar verkauft.

Am späten Nachmittag sind wir zum Mandalay Hill gefahren, weil man vom ca. 150 Meter über der Stadt liegenden Gipfel einen spektakulären Blick über die Ebene von Mandalay und einen außerordentlich schönen Sonnenuntergang haben soll. Wir stellten unser Motorrad am Fuß des Hügels ab und gingen die ersten Stufen hinauf, die von zwei riesigen Steinlöwen flankiert wurden. Der komplette Weg nach oben führte über ungleichmäßige, steinerne Treppenstufen, diese dürfen nur barfuß begangen werden. Es ging vorbei an vielen kleineren Pagoden, in allen Pagoden befinden sich Buddhafiguren, teilweise überdimensional groß. Je weiter wir die Treppenstufen nach oben erklommen, desto besser wurde der Blick hinunter auf die Stadt und die Ebene. Im normalen Schritttempo wird der höchste Punkt nach etwa 45 min erreicht, da wir aufgrund einer Strassensperrung etwas spät dran waren, sind wir im strammen Marsch nach oben geschritten um den Sonnenuntergang nicht zu versäumen. Am Ende unterhielten wir uns mit einem Mönch, der uns bis oben begleitete und erzählte, dass er jeden Ab nd hier hinauf steigt und gerne mit Touristen spricht, um sein Englisch aufzubessern.

Oben angekommen, musste sich Niko ein Tuch ausleihen und als langen Rock umwickeln, um ihre Knie zu bedenken, meine kurze Hose, die die Knie auch nicht bedeckte, war lang genug. Wir erreichten den Gipfel kurz vor dem Sonnenuntergang, die Gebäude waren bereits in ein tolles Licht getaucht und schimmerten in allen Farben, die Sicht über Mandalay war wirklich phämomenal. Leider waren wir hier oben nicht alleine – die besten Plätze in der ersten Reihe waren schon allesamt belegt. Wir umrundeten den Tempel und blicken weit über die Ebene in jede Richtung. Aufgrund der vielen Menschen beschlossen wir, wieder ein paar Meter hinab zu steigen. Etwa zehn Meter weiter unten war die Aussicht auf die untergehende Sonne genauso schön und es war fast menschenleer. Wir genossen das schöne Licht und die Abendstimmung ein Weile, bevor wir uns auf den Weg zurück zu unserem Moped machten.

Wir starteten die Maschine und stellten fest, dass das Rücklicht nicht leuchtete. Gut, dass wir es zu diesem Zeitpunkt festgestellt haben, denn so wollten wir nicht nach Bagan aufbrechen. Also machten wir noch einen kleinen Umweg zu Jerry und schoben das Abendessen weiter nach hinten. Da es schon nach 18 Uhr war, konnte er die Reparatur erst für den nächsten Morgen zusagen. Jerry gab uns ein anderes Motorrad mit kaputtem zweiten Gang, aber funktionierendem Rücklicht, mit dem wir zurück in unser Hotel fuhren.

Am nächsten Morgen machten wir auf den Weg, um die Motorräder wieder zu tauschen. Ich fuhr mit dem Geliehenen und meinem Rucksack los und Niko ließ sich von einem Motorradtaxi bringen, da wir zu zweit mit unserem kompletten Gepäck nicht auf ein Gefährt gepasst hätten. Burmesen hätten das mit Sicherheit irgendwie geschafft – wir leider nicht. Bei Jerry angekommen holte ich mit ihm das reparierte Motorrad ab. Unser Gepäck konnten wir bei Jerry zwischenlagern und so starteten wir mit nur einem kleinen Rucksack unsere dreitägige Tour.

Auf dem Weg aus der Stadt heraus fuhren wir noch durch das Viertel, in dem die weißen Buddhastatuen und Steinfiguren wie Elefanten oder Löwen hergestellt werden, die in keiner Pagode fehlen dürfen. Das ganze Viertel ist überzogen von dem weißen Staub, der entsteht, wenn die Steinmetze mit den elektrischen Schleifgeräten die Figuren bearbeiten. Wir konnten im Vorbeifahren die Schritte des Herstellungsprozesses bestaunen – vom rohen Stein über halbfertige Figuren mit eckigen Köpfen ohne Gesicht bis hin zum bis ins letzte Detail geschliffene fertige Werk. An späterer Stelle wurde die bunte oft goldene Farbe aufgetragen. Überall standen Figuren in allen Größen und Formen im halbfertigen Stadium am Straßenrand.

Wir kämpften uns fast eine Stunde durch den Verkehr der Stadt, tankten nochmals und unser Roadtrip konnte beginnen. Auf geht es!

Markus Verfasst von: