Für die Abreise aus Varanasi haben wir einen Nachtzug ausgesucht, der zunächst einmal nicht auftauchte. Nach etwas Warterei zwischen den mittlerweile üblichen Menschenmassen sind wir mit einer Stunde Verspätung in unseren Zug Richtung Kolkata gestiegen. Den richtigen Wagen und unsere Plätze haben wir sehr schnell gefunden, das System kannten wir ja schon. Wir bezogen unsere Liegen im Schlafwagen und richteten uns für die Nacht ein. Die nächsten 14 h sollten wir in diesem Zug verweilen, mittlerweile war es 23 Uhr und uns vielen ziemlich bald die Augen zu.
Die Bahnhöfe, die wir in Indien gesehen haben, dienen vielen bitterarmen Menschen als sicheres Übernachtungsdomizil. Wir waren etwa zwei Stunden vor der Abfahrt unseres Zuges am Bahnhof und konnten so beobachten, wie ganze Familien ihr Nachtlager aufschlugen. Zunächst wurde eine Matte ausgebreitet, darauf noch eine Decke, die Schuhe wurden darunter fixiert, die Habseligkeiten in einem Beutel dienten als Kopfkissen. Eine der Frauen war hoch schwanger und ist noch kurz in einen Zug gestiegen, um zur Toilette zu gehen. Dann haben sich sechs Personen auf dieser Matte dicht an dicht unter dünne Tücher gelegt, die Köpfe verborgen und fertig war das Nachtlager.
Unsere Zugfahrt verlief planmäßig, an einigen Stationen sind Passagiere ein- und ausgestiegen, alle Inder in unserer Nähe haben wie so oft geglotzt. Wir schliefen auf unseren Liegen erstaunlich gut und so vergingen die Stunden rasch. Am Morgen konnten wir eine der oberen Schlafliegen umklappen und hatten eine bequeme Bank. Viele der anderen Passagiere stiegen nach und nach aus, so dass wir genügend Platz für uns alleine blieb. Zum Frühstück wurden von fliegenden Händlern, die an den Bahnhöfen zustiegen, verschiedenste Speisen angeboten. Wir haben uns für Chai Tee und Toast mit Gemüse und Omelette entschieden. Nach dem Frühstück taten sich auch schon langsam die Vororte von Kolkata auf. Aus dem Zug sahen wir einige Slums und vor allem sehr viel Müll.
Kolkata hat einen Kopfbahnhof mit einer großen Vorhalle mit einigen Restaurants, es herrschte geschäftiges Treiben. Auf unserer Suche nach dem Busbahnhof wurden wir von einigen Bettlern belagert. Wir hatten uns schon im Vorfeld entschieden, direkt von Bahnhof einen Bus zum Flughafen zu nehmen und die Stadt nicht weiter zu besichtigen.
Für uns war es immer wieder erschreckend und grausam zu erleben, wie viele Menschen in Indien bettelarm sind. Viele Familien leben auf der Straße oder in improvisierten Behausungen ohne Strom und ohne Wasser. Das Leben findet unter freiem Himmel statt, Waschen und Trocknen von Kleidung, die Zubereitung der Mahlzeiten, Schlafen und auch die Körperpflege.
Noch zu erwähnen wäre an dieser Stelle die „heilige Kuh“ – diesen Ausspruch hat sicher jeder schon einmal gehört, aber um zu verstehen, was es bedeutet mussten wir nach Indien reisen. Erstmal angekommen ließen die Kühe auch nicht lange auf sich warten. Zunächst mal ist es ein ungewohnter Anblick für eine Ostfriesin – die Kühe führen ein Eigenleben mitten in den Städten. Sie stehen zum Beispiel mit samt Kälbchen auf Straßen oder Kreuzungen und werden von den vielen Fahrzeugen hupend umschifft. Viele Restaurants oder Privathaushalte werfen ihre Kartoffelschalen oder sonstige Essensabfälle auf die Straße, damit die Kühe diese fressen können, wenn sie vorbeikommen. Andere Kühe suchen im herumliegenden Müll nach Essensabfällen. Einige Hindus legen beim Passieren einer Kuh kurz die Hand auf.
In den engen Gassen von Varanasi sind uns ständig Kühe begegnet, wir mussten manchmal eng an der Mauer entlang gehen um diese zu passieren. Die blöden Kühe entledigen sich, wo sie stehen und gehen, dass kann in so einer Gasse schon mal zu einer Kuh-Pipi-Flutung führen, zudem liegen überall Kuhfladen herum. Die Menschenmassen und die Motorräder, die sich durch die Gassen schieben, verteilen das Ganze dann auch noch. Es stinkt penetrant und man muss höllisch aufpassen, wo man hintritt. Um die Gerüche abzuwenden, werden dann noch Räucherstäbchen angezündet und schon hat man den besonderen Duft Varanasis. Neben den Kühen leben in der Stadt unzählig viele Hunde und Affen sowie ein paar Ziegen.
Der Busbahnhof in Kolkata ist direkt neben dem Bahnhof, wir haben unseren Bus zum Flughafen schnell gefunden. Die nächsten 90 Minuten konnten wir uns aus dem Bus etwas das Treiben in der Stadt ansehen. Unser Flieger ging erst nach Mitternacht und wir wollten uns am Flughafen ausruhen, etwas essen, lesen und das Erlebte sacken lassen. Dieser Plan ging leider nicht auf, das Flughafengebäude ist nagelneu und schnell haben wir erfahren, dass erst vier Stunden vor einem Flug Zutritt mit einem Bordingpass gewährt wird.
Wenn man jemanden abholen möchte, muss man halt draußen warten – genau das taten wir dann auch und haben dort die Zeit bis zu unserem Einlass abgesessen. Wlan kann genutzt werden, wenn man sich mit seiner indischen Handynummer angemeldet hat – also dieser Service nicht für uns.
Indien war toll – es war spannend, es war ein Abenteuer, aber erst mal haben wir genug.